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Eigenschaften von Wechselgrößen

  • Viele Anwendungen in der Elektrotechnik beruhen auf zeitveränderlichen Größen.
  • Zu jedem Zeitpunkt ti ist der elektrischen Größe genau ein Momentanwert oder Augenblickswert zugeordnet.
  • Daher spricht man meist auch von einem Signal / Zeitsignal
    → Ein Signal ist eine von einer physikalischen Größe (Signalträger) getragene Zeitfunktion, die einen Informationsparameter (IP) hat, der eine Größe abbildet.
  • Zeitveränderliche Größen werden typischerweise klein geschrieben:
  • Spannungssignal / Momentanwert der Spannung: u, u(t)
  • Stromsignal / Momentanwert des Stromes: i, i(t)
  • Momentanwert der Leistung: p, p(t)
  • Im Folgenden sollen nur periodische Signale betrachtet werden.
    • Es ergeben sich Vereinfachungen.
    • Die zu betrachtende Schaltung befindet sich im eingeschwungenen Zustand.
      (alle transienten Vorgänge sind abgeschlossen!)

Eigenschaften allgemeiner periodischer Signale

Signalform

alt: "Typische Signalformen", x:1.5

Frequenz

  • Die Frequenz eines Signals gibt an, wie oft eine Signalperiode pro Zeitintervall auftritt.
  • Formelzeichen: f
  • Einheit: 1 Hz (Hertz) = 1/s
  • Die Frequenz ist der Kehrwert der Periodendauer T.

    \[ f= \frac{1}{T} \]
  • Für ein beliebiges periodisches Signal f(t) gilt die Periodizitätbedingung:

    \[ f(t) = f(t + n\cdot T), \quad n\in\mathbb{Z}\]

alt: "Beispiel der Signalfrequenz", x:1.5

Amplitude

  • Die Amplitude des Signals gibt die Auslenkung um die Nulllage an.
  • Die Amplitude wird mit den Dachsymbol gekennzeichnet:
    Amplitude einer Wechselspannung: \(\widehat u\) oder \(\widehat U\)
    Amplitude eines Wechselstroms: \(\widehat i\) oder \(\widehat I\)

alt: "Beispiel der Signalamplitude", x:1.5

Nullphasenwinkel

  • Der Nullphasenwinkel gibt an, wie stark ein Signal gegenüber dem Nullpunkt oder einem anderen Signal verschoben ist.
  • Formelzeichen: φ
  • Der Nullphasenwinkel entspricht dem Winkel der Sinusschwingung.
  • Einheit des Nullphasenwinkel:
    • Bogenmaß: φ[ r ] = 0 ... 2π
    • Grad: φ[°] = 0 ... 360°
       
  • Die Phasenlaufzeit \(t'\) gibt die Zeitdauer an, die ein Signal nachläuft.
  • Umrechnung aus dem Nullphasenwinkel:

    \[ t' = - \frac{\varphi[^r]}{2\pi\cdot f} = - \frac{\varphi[^\circ]}{360^\circ\cdot f}\]

alt: "Beispiel der Phasenverschiebung", x:1.5

Sinussignale

Fourier-Reihe

  • Synthese eines Rechtecksignals aus Sinussignalen
    alt: "Fourier-Tranformation eines Rechtecksignals", src: "Wikipedia-Commons", w:66
  • Animation der Synthese eines Sägezahn-Signals
    alt: "Fourier-Transformation eines Sägezahnsignals", src: "Wikipedia-Commons", w:66
  • Alle periodischen Signale können aus Sinussignalen zusammengesetzt werden.
    Sinussignale sind fundamental.

Eigenschaften eines Sinussignals

\[ u(t) = \widehat u \cdot \sin(\omega\cdot t+\varphi) \]

\(u(t)\): Momentantwert zum Zeitpunkt \(t\), die Zeitfunktion
\(\widehat u\): Amplitude
\(\varphi\): Phasenverschiebung / Nullphase
\(\omega\): Kreisfrequenz, \(\omega = 2\pi f\)

Aufgabe

Eigenschaften eines Sinussignals
Gesucht ist die Amplitude, Frequenz und Nullphase der dargestellten Sinusschwingung. Geben Sie die Zeitfunktion der Sinusschwingung an.

w:50

Mittelwerte periodischer Signale

  • Bei Wechselgrößen sind zu jedem Zeitpunkt andere Funktionswerte vorhanden.
  • Zur Bewertung der Wirkung einer periodischen Größe über einen längeren Zeitraum werden geeignete Mittelwerte benötigt.

Arithmetischer Mittelwert

\[ \overline x = \frac{1}{T} \int_t^{t+T} x(t)\,\d t \]

Interpretation:

  • Der arithmetische Mittelwert gibt den Gleichanteil einer Wechselgröße an.
  • Der Mittelwert eines Stromes vergleicht innerhalb einer Periode die bewegte Ladungsmenge bzw. den adäquaten Gleichstrom.

Gleichrichtwert

\[ \overline{|x|} = \frac{1}{T} \int_t^{t+T} |x(t)|\,\d t \]
  • Der negative Teil der Wechselgröße wird nach oben geklappt.
  • Beispiel: Ausgangssignal einer Gleichrichterbrücke

Effektivwert

\[ X = X\ped{eff} = \sqrt{ \frac{1}{T} \int_t^{t+T} \left(x(t)\right)^2 \,\d t } \]

Englisch: RMS (Root Mean Square)

Interpretation:
- Ein Stromfluss ist stets mit einem Energieumsatz p = R · i2 verbunden.
- Der Energieumsatz der Schaltung ist dabei unabhängig von der Stromrichtung.

Der Effektivwert einer Wechselgröße bewirkt in einem ohmschen Widerstand den gleichen Wärmeumsatz wie die äquivalente Gleichgröße.

alt: "Skizze der Bedeutung des Effektivwertes", src: "allaboutcircuits.com", w:50

→ Für Effektivwerte gelten alle Regeln der Gleichstromberechnung (Ohmsches Gesetz, Leistungsberechnung, Spannungsteiler, …)

Effektivwert eines Sinussignals

\[ U_\text{eff} = U = \frac{\sqrt 2}{2}\cdot \widehat u \]
\[ \widehat u = \sqrt 2 \cdot U \]

alt: "Übersicht des Effektivwert, Scheitelwertes, Spitze-Spitze-Wertes einer Sinusschwingung", w:50

Aufgabe

Mittelwerte periodischer Signale
Berechnen Sie den arithmetische Mittelwert, Gleichrichtwert und Effektivwert des folgenden periodischen Signals mit einer Periodendauer von 4 ms.

x:2

Darstellung von Sinussignalen im Zeigerdiagramm

Übersicht

  • Drehzeigerdiagramm: Darstellung mehrere Sinussignale gleicher Frequenz.
  • Kennwerte zur Darstellung der Sinusfunktion im Drehzeigerdiagramm
    • Art der Sinusgröße: Formelzeichen am Ende des Zeigers:
      z. B. u, i
    • Betrag der Sinusgröße: Länge des Zeigers
    • Frequenz der Sinusgröße: Winkelgeschwindigkeit des Drehzeigers
    • Phasenlage der Sinusgröße: Lage bezüglich des Zeigers (t=0) gegenüber der Phasenbezugsachse

Arten der Zeiger

Drehzeiger

  • Kenngrößen: Amplitude, Frequenz, Nullphase
  • Kennzeichnung: u, i

x:2

Ruhender Maximalwertzeiger

  • Kenngrößen: Amplitude, Nullphase
  • Kennzeichnung: \(\underline{\widehat U}\), \(\underline{\widehat I}\) oder \(\underline{\widehat u}\), \(\underline{\widehat i}\)

x:2

Ruhender Effektivwertzeiger

  • Kenngrößen: Effektivwert, Nullphase
  • Kennzeichnung: U, I

x:2

Für alle folgenden Darstellungen wird der ruhende Effektivwertzeiger verwendet!

Zusammenfassung der Darstellungsformen einer Wechselgröße

Form Formelzeichen Spannung Formelzeichen Strom
Momentanwert / Zeitsignal u(t) i(t)
Zeiger U I
Amplitude \(\widehat u\) \(\widehat i\)
Effektivwert / Betrag des Zeigers U I

Verhalten der idealen Grundschaltelemente R, L, C bei sinusförmiger Erregung

Ohmscher Widerstand

alt: "Ohmscher Widerstand bei sinusförmiger Erregung", x:2

\[ u = R \cdot i \]
\[ i = \widehat i \sin(\omega t + \varphi_i) \]
\[ u = R \widehat i \sin(\omega t + \varphi_i) \]

Amplitudenvergleich:

\[ \widehat u = \widehat i \cdot R \]

Phasenvergleich:

\[ \varphi_u = \varphi_i \]

→ keine Phasenverschiebung

alt: "Signalverlauf und Zeigerdiagram am ohmschen Widerstand", x:2

Induktivität

alt: "Induktivität bei sinusförmiger Erregung", x:2

\[ u = L \cdot \frac{\d i}{\d t} \]
\[ i = \widehat i \sin(\omega t + \varphi_i) \]
\[ u = \omega L \cdot \widehat i \cos(\omega t + \varphi_i) = \omega L \cdot \widehat i \sin\left(\omega t + \varphi_i + \frac{\pi}{2}\right) \]

Amplitudenvergleich:

\[ \widehat u = \widehat i \cdot \omega L \]

→ Blindwiderstand der Induktivität

\[ X_L = \omega L \]

Phasenvergleich:

\[ \varphi_u = \varphi_i + \frac{\pi}{2} \]

alt: "Signalverlauf und Zeigerdiagram an der Induktivität", x:2

Kapazität

alt: "Kapazität bei sinusförmiger Erregung", x:2

\[ u = \frac{1}{C} \int i\, \d t \]
\[ i = \widehat i \sin(\omega t + \varphi_i) \]
\[ u = - \frac{1}{\omega C} \cdot \widehat i \cos(\omega t + \varphi_i) = \frac{1}{\omega C} \cdot \widehat i \sin\left(\omega t + \varphi_i - \frac{\pi}{2}\right) \]

Amplitudenvergleich:

\[ \widehat u = \widehat i \cdot \frac{1}{\omega C} \]

→ Blindwiderstand der Kapazität

\[ X_C = \frac{1}{\omega C} \]

Phasenvergleich:

\[ \varphi_u = \varphi_i - \frac{\pi}{2} \]

alt: "Signalverlauf und Zeigerdiagram an der Kapazität", x:2

Zusammenfassung

Scheinwiderstand / Impedanz eines Bauelement:

\[ Z = \frac{U}{I} = \frac{\widehat{u}}{\widehat{i}} \]

Phasenverschiebung an einem Bauelement:

\[ \varphi = \varphi_u - \varphi_i \]

Lösungsverfahren von Wechselstromgleichungen im Zeitbereich

  • Die Anwendung der Kirchhoffschen Gesetze ist nur unter Einbeziehung der jeweiligen Phasenlage zulässig!
  • Es ist mit Momentanwerten zu rechnen. Dabei entstehen Sinusgleichungen.

Aufgabe

RC-Parallelschaltung im Zeitbereich
Berechnen Sie den Signalverlauf der beiden Teilströme iR und iC, sowie den Gesamtstrom i.

x:2

Lösung

x:1